Wenn man ein Bilderbuch macht, dauert es ja immer ein paar Monate, bis alle Bilder und der Text rund sind. Dann kommen die Vorankündiungen, die Vertretermuster, die Marketingarbeit, der Druckereikontakt, Übersetzungen, Druck, Weiterverarbeitung, Auslieferung und so weiter und noch vieles mehr und nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge … und schon ist ein Jahr rum.
So kommt es, dass ich jetzt schon fast alle Bildtafeln für mein neues Buch fertig durchgezeichnet habe, es aber »erst« im Herbst 2021 erscheint.
Verlag, Titel, Plot – alles noch geheim … aber hier kommt wenigstens schon mal ein Preview. Wie ihr seht, wird es wimmelig!
Skizze aus dem Storyboard …
… und so sieht das fertige Bild aus (Klicken macht größer):
»Hallo, ich wollte noch was wegen der Warteschlange fragen.«
Am Telefon ist Conni Hladej, die Programmleiterin vom Nilpferd-Verlag. Das Buch, an dem wir gemeinsam arbeiten, steckt noch so sehr in den Kinderschuhen, dass es noch nicht mal einen Titel hat. Übergangsweise nennen wir es Warteschlange.
Ein Bilderbuch soll es werden, oder auch ein Wimmelbuch, oder irgendwas dazwischen … jedenfalls geht es um’s Schlangestehen. Doch, und ob das spannend ist!
Man bewegt sich Seite für Seite an einer Warteschlange entlang und erlebt wie nebenbei kleine Geschichten. Manchmal muss man vor- und zurückblättern, Zusammenhänge zwischen den Anstehenden erkennen, wird auf’s Glatteis geführt, hat aber dann doch (hoffentlich) zahlreiche »Ach so!«-Momente. Aber ganz soweit sind wir noch nicht. Feedbackgespräch.
(…)
»Ich hab mir alles nochmal ganz genau angeguckt«, beginnt Conni, »Hassos Frauchen hat ja festgestellt, dass er den Kopf aus dem Halsband gezogen hat und abgehauen ist. Zwei Seiten später sieht man, wie er einen Ball zerbeißt – da hat er aber das Halsband um. Das müsstest du ändern, bitte.
Und das Paar mit dem Pony an der Leine … da ist noch nicht klar genug, dass die zur Geburtstagsfeier möchten. Vielleicht braucht es noch einen Partyhut oder so. Den könnte man dem Pony aufsetzen, was meinst du? … Bist du noch dran?«
»Äh, ja, entschuldigung, ich schreibe mit, da vergesse ich immer zu antworten.«
Ich notiere: Hasso Halsband weg Pony deutlicher Partybezug Hut aufsetzen
(…)
»Ein paar Sachen hab ich noch ganz verstanden. Zum Beispiel: Wo kommen die ganzen Krabben her?«
»Die waren im Eimer vom Angler und sind geflüchtet. Darum guckt die eine auch so verstohlen und die andere weiter mittig im Buch versteckt sich in dem Mülleimer«, erkläre ich nüchtern.
»Mülleimer? Ah, jetzt seh ich sie. Sie unterhält sich mit der Taube!«
Ich freue mich. So hab ich mir das vorgestellt. mehr Krabben funktionieren gut
(…)
»Und dieser Herzluftballon, ist der dem Ballonverkäufer auf der vorletzten Seite abhanden gekommen?«
»Ganz genau!«
»Ist das ein Banksy-Zitat?«
»Nein, wieso?«
»Keine Anspielung auf das Ballon Girl?«
»Oh. Ja. Nein. Also – das ist Zufall.« Banksy Ballon Girl zitieren erlaubt? Urheberrecht (Kurze Antwort: Ja, das darf man. Lange Antwort hier nachzulesen)
(…)
Jetzt bin ich dran. In der letzten Woche hatte ich einen Zwischenstand der Warteschlange zum Testlesen im Freundeskreis herumgeschickt. Ich schaue auf meine Notizen. Ganz oben steht: Mehr Mütter? Ich fange an: »Jemand fand, dass das klassische Familienmodell unterrepräsentiert sei.«
»Unterrepräsentiert?«
»Ja. Wir haben irgendwie nur Alleinerziehende in der Warteschlange. Vor allem alleinerziehende Väter.«
»Ist mir gar nicht aufgefallen. Aber wo du es sagst … der arme Vater auf Seite 16, der könnte ohnehin ein wenig Hilfe gebrauchen, bei den vielen Kindern. Willst du dem noch eine Mutter dazu malen? Und wo wir gerade bei der Szene sind: Ist die Hummel nicht etwas groß?« Armen Vater helfen mit Mutter Hummel zu groß
Wir reden über fast jede Figur im Buch. Die Möbelpacker, die außerirdischen Touristen, der Mann mit der dicken Katze, die Ringeltaube mit dem Gipsbein. Sie sind alle alte Bekannte, im wahrsten Sinne des Wortes: Connis Hund Chili kommt als Sidekick in der Geschichte vor. Viele Charaktere haben verblüffende Ähnlichkeit mit meiner Familie oder meinen Freunden. Eine Freundin taucht sogar mehrfach auf, allerdings in Fragmenten: Mal zeichne ich ihre Hose, mal ihren Kinderwagen, mal nur eine Tasche, die sie immer trägt, mal eine Frisur, die sie früher mal hatte.
Am Ende des Gesprächs hat Warteschlange sogar einen richtige Namen: »Hallo, ist hier hinten?« soll das Baby Buch heißen.
Ein paar Tage später sind die Korrekturen und auch ein erster Coverentwurf gemacht.
Schrittchen für Schrittchen geht es voran.
Passt ja. Ist wie beim Schlangestehen.
Edit vom 27. Februar 2020: »Hallo, ist hier hinten« ist inzwischen gedruckt und im Buchhandel. Zum Beispiel bei der Buchkönigin oder Odradek in Berlin, beim Bücherwurm in Hallenberg, Rosta in Münster oder der Schatzinsel in Solingen. Und online, aber da wissen ja alle, wo sie suchen können.
Ich frage mich, warum ich so lang nicht mehr auf der Kinderbuchmesse in Bologna war. Vier Tage schöne Bücher und Bilder angucken, gute Geschichten lesen und erzählt bekommen, alte Bekannte treffen, neue Bekanntschaften machen und: Überall gibt es guten Kaffee!
Der Micro-Comic „The Coffee Minute“ beschäftigt sich mit dem präzisen Zeitmanagement beim Morgen-Espresso, welches man wohl nur beherrscht, wenn man schon länger in Italien lebt. Hier das Making-Of: